120 kinder in tafi versichern – ein sack flöhe ist leichter zu hüten!

Freitag 08.10.2010

Aufstehen – fertig machen – mit wecker fällt das im „urlaub“ doch irgendwie schwer – aber gut, was solls, wir müssen um 10h in tafi sein um die 120 geplanten bilder der kids zu machen und die daten von ihnen zu erfassen.

Geplant war um 9h an der station zu sein – wir laufen um 9:20 uhr los, sind um 9:30 uhr da – also afrikanisch quasi im time ;-) wir haben glück und es ist ein trotro da, das schon fast voll ist. Wir bezahlen kurz und quetschen uns dann in die noch freie letzte reihe. Schnell noch einen apfel und wasser durchs fenster kaufen und dann geht’s los.

Nach ca. 45 minuten fahrt kommen wir in tafi an. Wir werden freudig begrüßt und man nimmt uns mit zur queen. Die meisten kleineren dörfer hier haben eine königin & einen könig und es gilt die tradition einzuhalten. Also müssen wir quasi erst vor der queen vorsprechen und können dann anfangen die kids zu registrieren.

TB erzählt von unserem anliegen und einer der männer die uns abgeholt haben übersetzt. Die amtssprache hier ist zwar englisch, doch es gibt offiziell 47 sprachen (inoffiziell sind es wohl um die 300). Wir sind noch immer in der voltaregion, dennoch sprechen sie hier eine sprache die nicht so weit verbreitet und TB versteht sie nicht – ich schon gleich gar nicht. Ich habe nicht die leiseste ahnung – auch von der körpersprache ist für mich nichts abzulesen.

Sie übersetzen die antwort der queen (netterweise auf englisch und nicht auf ewe) so dass wir verstehen können dass sie sich über unsere anwesenheit und absicht freuen und wir herzlich willkommen sind.
Im anschluß werden wir zu dem haus von einem der männer geführt. Wir setzten uns wieder alle und es wird etwas zu trinken gebracht. Wir unterhalten uns noch eine weile, teilweise auf englisch, teilweise sprechen sie mit TB auf ewe. Einer der männer fgart uns, was mit den kindern sei, die gerade erst geboren wurden und noch nicht im kindergarten sind. Ich spreche kurz mit TB und wir lassen alle mütter mit säuglingen an den kindergarten rufen, die keine versicherung für die würmer haben. Das ist kein problem, neuigkeiten, besonders wenn es um etwas geht was nichts kostet verbreiten sich ja eh immer von alleine ;-)

Als wir mit der unterhaltung und den getränken fertig sind, machen wir uns endlich auf zum kindergarten. Schon als wir die straße überqueren höre ich die ersten „jovo, jovo“ rufe und die ersten kinder laufen auf mich zu. Um zu vermeiden, dass sie alle irgendwo draußen herumhüpfen laufe ich ihnen entgegen. Es dauert nicht lange und ich bin von einer kinderschaar umgeben. Einige sind ganz aufgeschlossen und kommen sofort, anderen bin ich scheibar doch etwas suspekt und sie sind sich noch nicht so ganz sicher was das weiße da vor ihnen ist ;-)

Wir besprechen uns kurz und finden einen platz wo wir unser weißes tuch zum fotografieren aufhängen. Ich sehe mich etwas um und mir kommen fast die tränen. Vor uns ca 100 spielende kinder und aus allen richtungen kommen frauen mit ihren babys auf dem rücken geschnallt. Ich realisiere dass wir unmöglich allen helfen können – und weise TB an, egal was ich ihm erzähle bei 120 kinder die aufnahme zu stoppen – ich kenne mich, ich würde es nicht übers herz bringen NEIN zu sagen. Geplant hatten wir ursprünglich alle kinder im dorf bis 12 jahre zu versichern, doch das ist ein ding der unmöglichkeit mit 120 verfügbaren versicherungen.

Ich weiß nicht ob ich es bereits erwähnt habe, es ist heute ein besonderst heißer tag, obwohl wir im schatten stehen, schwitze ich wie blöd und habe das gefühl ich zerlaufe gleich. Geplant hatten wir, dass wir ca 2 stunden brauchen, doch bereits nach den ersten bilder ist das völlige chaos ausgebrochen.

Es ist hier schier unmöglich leute in eine schlange zu stellen um auf etwas zu warten – jeder denkt erstmal an sich ohne rücksicht auf verluste! Mit erwachsenen scheint es noch schwieriger zu sein als mit kindern – ahhhhhhhhh, ich will hier weg…

Es ist unmöglich konzentriert zu arbeiten, wenn nur schreiende kinder und noch lauter schreiende und diskutierende erwachsene um einen herum sind. Weiter sind die leute es hier gewöhnt, dass mehrere leute eine aufgabe machen – das heißt ohne unser zutun hatten wir auf einman zwei leute die geburtsurkunden eingesammelt habe, einen „hüter des weißen foto tuches“, der damit beschäftigt war die kids die als nächstes fotografiert werden sollen richtig hin zustellen und die klamotten vernünftig zurecht zu ziehen, einer oder zwei habe namen ausgerufen und ich weiß nicht wie viele sind sonst wo diskutierender weise rumgewuselt.

Bereits nacheiner halben stunde bin ich fix und fertig – es hat mindestens gefühlte 50°C, es ist lauter als in den meisten clubs und überall wuselt irgendjemand. Die wartenden mütter mit ihren kindern auf dem rücken, auf dem arm und an der hand kommen immer näher und es ist fast unmöglich die namen aufzuschreiben geschweige denn zu fotografieren. Doch es ist doch so wichig, das wir zu jedem namen das richtige foto & geburtsdatum haben!

Ich spreche kurz mit TB und wir brechen das ganze spektakel ab. Mit all dem gewusel, den ganzen erwachsenen die ständig was besser wissen und alle irgendwie helfen wollen dauert das ganze einfach zu lange – es ist ja irgendwie nett gemeint, aber total unproduktiv.

Wir machen eine kurze pause und lassen ausrufen, dass wir ab jetzt die kinder dem alter nachaufrufen und mit den kleinsten starten.

Nachdem sich alle wieder etwas beruhigt haben und wir den wartebereich etwas weiter weg verlegt haben machen wir weiter. Das mit dem fotografieren nach alter funktioniert natürlich freiwillig auch nicht wirklich. Wir lassen also die frauen einzeln zu uns her rufen, die babys auf dem rücken haben und legen los. Es klappt schon etwas besser und geht etwas schneller wie zuvor. Ab und an kommt auch mal ein kleines lüftchen vorbei gezogen dass ich immer sehr genieße. Es ist echt unglaublich heiß und mir rinnt der schweiß am ganzen körper herunter – dass sich unter mir noch keine pfütze gebildet hat wunder mich ;-)

Um so mehr wir fotografieren umso mehr chaos bricht wieder aus…immer mehr eltern kommen um direkt bei uns zu warten oder mischen sich wieder irgendwo ein. Ahhhhh – ich frage TB ob wir bitte al 10 minuten pause machen können und irgendwo kurz hinlaufen können – ich brauch dringend ne zigarette und mal 10 minuten ruhe – der lärmpegel dort ist echt nicht zu beschreiben.

Wir gehen kurz zu dem haus wo wir auch zuvor schon waren – dort bekommen wir wieder was zu trinken , ein paar bananen und erdnüsse und dann können wir auch fast schon weiter machen. Ich laufe mit TB noch ein stück – auch wenn wir an der straße sind wo ab und an mal ein auto vorbei rauscht, ist es im vergleich zu vorher doch eine göttliche ruhe! Eine runde afrikanisch pipi, eine rauchen und weiter geht es…

…ich will gar nicht daran denken…wir haben erst 30 kids registriert…90 fehlen noch! Wenn das so weiter geht schaffen wir das nie…kurz bevor wieder chaos auszubrechen scheint, mische ich mich dann doch mal ein und nehme die sache in die hand. An sich ist es ja nicht so schwer, wir hatten gesagt wir machen die ganze aktion dem alter nach und fangen bei den jüngsten an.

Also, die von den eltern mitgebrachten krankenakten auf das geburtsjahr checken und jeweils stapel mit den jahrgängen machen. Die werden dann zu einem großen stapel zusammengefasst und es kann der reihe nach los gehen ;-)

Jetzt geht es doch recht zügig, bis auf ein paar kleine ausnahmen, wenn die kleinen angst vor mir haben…mittlerweile sehen wir das aber schon wenn sie kommen, also verstecke ich mich schnell in einem der räume und TB macht das foto. Das klappt doch ganz gut :-)

Irgendwann sind wir tatsächlich bei 121 angekommen…doch es sind immernoch bücher bzw kinder da. Und bleibt nichts anderes übrig wie hart zu bleiben und „nein“ zu sagen. Es fällt mir unendlich schwer, vor allem wenn die leute vor einem stehen und bitten und betteln doch ihr kind doch mit aufzunehmen. TB macht kurzen prozess, baut alles ab, packt alles ein und zieht mich einfach aus der menge raus. In dem moment zwar sau unangenehm, aber einfach das beste.

Wir gehen noch mal zu dem haus wo wir früh schon mal waren. Wir bekommen wieder etwas zu trinken und ettliche geschenke. Eine „staude“ bananen – also keine ganze aber es sind ca. 20 stück und eine große tüte mit yam wurzeln…ahhh wer soll dass denn alles essen….aber gut, es ist ja ganz lieb gemeint. Wir bedanken uns herzlich und machen uns langsam auf den rückweg.

Gezwungenermaßen langsam, denn wir müssen natürlich an der straße erstmal ein trotro anhalten und dass muss dann auch noch platz für uns haben ;-) es dauert eine weile, dann bekommen wir eins und können endlich wieder richtung heimat fahren.

Im trotro gehen mir die menschen in dem dorf und die versicherungsproblematik einfach nicht aus dem kopf…ich denke eine weile darüber nach und es beginnt sich ein plan in meinem kopf zu entwickeln. TB fragt mich immer wieder ob ich okay bin, ich glaube ich schaue recht abgeschafft aus und bin völlig in gedanken versunken… hier immer alles bezahlen bringt irgendwie auf dauer nix…die leute sind es nicht gewohnt geld zu sparen…bricht man die kosten für die versicherung auf eine woche herunter, sind es knapp 0,1 Cedi / kind…langfristiges denken ist schwierig…auch wenn ein kind ein jahr lang nicht krank ist, rechnet sich die versicherung spätestens im zweiten jahr, wenn das kind nur ein mal zum arzt muss…da muss doch eine lösung zu finden sein…

…stück für stück schmiede ich einen plan und beschließe abends mit TB darüber zu sprechen.

Zuhause angekommen erst mal duschen und etwas abkühlen, weng chillen und dann mal langsam auf essenssuche begeben. Wir wollen gerade los zum banku essen, da werden wir von der family eingeladen. Supi, dann bleiben wir hir zum essen ? das banku in town bei unserer banku frau finde ich zwar besser, aber das hier ist auch okay. Doof ist nur, dass die ganze family sau gerne fisch isst und in nahezu jeder stew fisch mit gekocht ist…super sache für mich, da ich ja keinen fisch (außer die glodenen stäbchen ;-) ) mag…aber zum glück esse ich ja baku auch sehr gerne blanko, auch wenn dass hier keiner verstehen kann.

Nach dem essen machen wir uns auf in die stadt und gehen noch was trinken. Ich erzähle TB von meiner idee: wenn man den leuten klar macht, wie teuer ein krankenhausbesuch plus die medikamente kommen im vergleich zum järlichen versicherungsbeitrag und den verscherungsbeitrag auf eine woche herunterbricht, ist das ganze bezahlbar. Das ganze aufgezogen wie ein wettkampf und wenn der einzelne erfolgreich das geld ein jahr spart, bekkommt er einen gewissen anteil als support über spenden finanziert. So könnte man innerhalb von einer wesentlich kürzeren zeit mehr, wenn möglich sogar alle kinder bzw das ganze dorf versichern und das beste ist, dass die menschen eine gewisse weitsicht und vor allem das sparen lernen. wir sprechen eine ganze weile und der plan reift weiter und weiter…

…ach wie schön, ich freue mich! Wir machen aus, dass TB gleich morgen den typen aus tafi anruft und ihn darum bittet, dass wir quasi noch mal eine audienz beim ältestenrat bekommen und ggf einen workshop die kommende woche mit dem ganzen dorf machen können. TB erklärt mir, dass einworkshop das beste ist, dass die leute letzendlich das gefühl haben, dass es ihre idee ist und wir ggf noch weitere ideen von ihnen bekommen. Wir quatschen gute 2 stunden, bis wir beide ziemlich müde sind und gehen nach hause.

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